Wie geht es unserem Wald?

Waldspaziergang mit dem Rad am 28.10.

Der Ortverband der Grünen hatte zu einem etwa 2-stündigen Spaziergang mit Rad zum Thema Wald eingeladen. Nach dem Motto „Das Wetter ist gut. Es regnet.“ ließen sich die Teilnehmenden nicht vom nassen Wetter davon abhalten, sich der sachkundigen Führung von Horst Weis, Dipl.-Ing für Landschaftspflege (FH), anzuschließen. Mit vielen interessanten Details stellte er uns die verschiedenen hier vorhandenen Baumarten und ihre aktuellen Lebensbedingungen vor, natürlich nicht ohne auch den Bogen zu künftigen Entwicklungsmöglichkeiten angesichts der sich wandelnden Klimabedingungen zu schlagen.

Vom Treffpunkt beim Anglersee St. Leon starteten wir gleich durch in Richtung Adamsbühl, dem kommunalen Waldstück zwischen St. Leoner See und Reilingen, in dem Horst Weis uns bereits sehr viele verschiedene Aspekte des Waldzustands zeigen konnte. Dort durften die Teilnehmenden dann erst einmal unter Beweis stellen, wie gut sie selbst anhand von Zweigen die verschiedenen dort vorhandenen Baumarten kannten. Sie konnten unter anderem Douglasie, Linde, Eiche, Buche und Kirsche identifizieren, aber auch die Brombeere und die Kermesbeere. Wir erfuhren, dass der größte Baum im Deutschland eine Douglasie mit knapp über 66 m ist (in Amerika werden sie sogar über 100 m hoch), der kleinste dagegen nur als ca. 10 cm großes Blatt in den Alpen sichtbar ist. Die Douglasie ist im Übrigen ein Hoffnungsträger für die deutschen Förster, da sie einerseits schnell wächst, aber andererseits auch als robust genug gilt, um den klimabedingten Veränderungen (Trockenheit und höhere Temperaturen) gewachsen zu sein. Das kann man von der bisher in unseren Nutzwäldern verbreiteten Fichte nicht mehr sagen. Sie leidet darunter, dass die Böden oft bis zu 1,80 m tief ausgetrocknet sind.

Interessant war auch, dass die bei uns ebenfalls verbreitete Traubenkirsche eigentlich als neue, robuste Baumart aus Amerika eingeführt wurde, sich hier aber ganz anders entwickelte – mit wenig Stamm, also wirtschaftlich unergiebig. Jetzt gilt sie als unerwünschter Neophyt, der sich in unseren Wäldern aber schnell verbreitet; ebenso auch wie die allseits bekannte Kermesbeere. Auch die Robinie gilt als robust und könnte sich als Tiefwurzler (bis 7 Meter tief) mit neuen Klimabedingungen gut arrangieren. Allerdings wird auch sie in Bezug auf Artenvielfalt kritisch gesehen, weil sie die Bodenbeschaffenheit verändert und damit andere heimische Arten verdrängt.

Mit Bedauern stellten wir fest, dass offenbar Plastik bei der Aufforstung Einzug in den Wald hält, in Form von Schutzummantelungen der Setzlinge, die vor Bissschäden durch Tiere bewahren sollen. Inwiefern allerdings Hitzestau und mangelnde Belüftung für die Entwicklung der Setzlinge ein Problem darstellen, bleibt zu beobachten, abgesehen davon, dass man ja allgemein Plastik in allen Bereichen reduzieren möchte. Wie im Übrigen der Wald sich auf natürliche Weise selbst erneuert konnte uns Horst Weis im Staatswald auf der anderen Seite der L546 zeigen, wo sich unter gelichtetem Altbestand Sämlinge entfalten.

In Bezug auf die Anpflanzung widerstandsfähigerer Baumarten gibt es also viel Für und Wieder. Einig ist man sich aber, dass Monokulturen und Kahlschläge ungünstige für unseren Wald sind. Wir erfuhren, dass an den Waldrändern die Bäume stärker belastet sind, Kahlschläge mitten im Wald also neue „Stressränder“ schaffen, so auch im Adamsbühl. Auch sind Aufforstungen von großen freien Flächen sehr schwierig, da der Schutz und Halt großer Bäume fehlt und der Boden Wind und Sonne ungeschützt ausgesetzt ist. Daneben zerstören die heutigen Maschinen (Harvester), die für das „Ernten“ der Bäume eingesetzt werden, durch die extreme Verdichtung den biologisch wertvollen Waldboden. Der enthält normalerweise bis zu 8000 verschiedenen Mikroorganismen aus Pilzgeflecht, Regenwürmer, Bakterien und andere Bodenlebewesen, die sich erst nach mehreren Jahren dort wieder entwickeln können.

Dabei wäre es so wichtig unseren Wald und Baumbestand generell zu erhalten, am besten auch in seiner Vielfalt in Form eines Mischwalds. Das wird besonders deutlich, wenn man merkt wie angenehm kühlend ein Baum in heißen Sommern wirkt. Bis 2020 sollte eigentlich laut Bundeswaldgesetz (2007) 5 % des gesamten Waldes in Deutschland aus der wirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden, erreicht wurden allerdings bis heute nur 2,8 %. Man erkennt klar die Prioritäten und kann nur hoffen, dass sich die Einsicht durchsetzt, dass nur eine ökologische oder wenigstens schonendere Waldnutzung mit mehr Vielfalt sich langfristig wirtschaftlich auszahlt, und gleichzeitig auch die Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes stärkt.

Die Spazierfahrt dauerte dann doch mehr als 3 Stunden; die Zeit war dank der vielen interessanten Infos von Horst Weis wie im Flug vergangen. Herzlichen Dank!

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