Straßenbäume in St. Leon-Rot – Ein Plus für Gemeindebild und Klima

„Stadtbäume befinden sich an sog. Extremstandorten, denn in Städten ist es deutlich, manchmal bis zu 10 Grad wärmer als im Umland. Zudem haben die Wurzeln im Straßenbereich wenig Platz, sich auszubreiten. Darüber hinaus werden die Bäume immer wieder eingekürzt, sei es aus Sicherheitsgründen oder weil sie den Verkehrsraum oder die Bebauung beeinträchtigen“, so die einleitenden Worte von Horst Weis, Dipl.-Ing für Landschaftspflege (FH). Er begleitete mit seinem Expertenwissen eine Exkursion zur Bedeutung von Stadt- und Straßenbäumen und die Notwendigkeit und Grenzen von Pflegemaßnahmen.

Wir starteten an der Ecke Kettelerstraße/Im Talhammer zunächst mit allgemeinen Informationen zur Situation und Funktion von Straßen- bzw. Stadtbäumen.

Stadt-/Straßenbäume erfüllen gerade in den Städten wichtige Funktionen: Luftfilter, Wasserspeicher, Kühlung. Sie sind gerade angesichts des Klimawandels von großer Bedeutung. Umso wichtiger ist die richtige Auswahl an Baumarten für den Innenstadtbereich. Leider fallen viele heimische Baumarten den bereits feststellbaren sich ändernden Klimabedingungen zum Opfer: zu trockene, heiße Sommer, sinkender Grundwasser­spiegel, milde Winter, die zwar Regen bringen, aber oft zu heftig, daher nicht nachhaltig. So ist man darauf angewiesen, nach geeigneten Alternativen für die Zukunft zu suchen. Entsprechende Empfehlungen, welche Bäume für welche Standorte geeignet sind, gibt es bereits von Experten aus Forschung und Wissenschaft (sog. GALK-Liste). Gleichzeitig sollte man wenigstens die noch vorhandenen gesunden Bäume erhalten und möglichst wenig in ihren Wuchs eingreifen. Es ist daher empfehlenswert, in der Gemeinde entsprechend fachkundige Mitarbeiter oder Experten zur Hand zu haben, wenn Pflegemaßnahmen anstehen. Nun zu den einzelnen geplanten Maßnahmen:

Breitenweg

Am Breitenweg sollen die Bäume gekürzt werden, da es dort viele Feuerwanzen und Käfer gibt.

Unser Experte meint: Einkürzungen sind generell zu vermeiden, wenn es dem natürlichen Wuchs widerspricht. „Der Baum lernt nicht, dass er nicht in die Höhe wachsen soll. Er wird es immer wieder versuchen.“ Aufwändige Folgemaßnahmen sind die Konsequenz. Dann lieber gleich kleinwüchsige oder schmal­wachsende Arten pflanzen. Aber auch diese beherbergen Insekten, die ganz natürlich und völlig ungefährlich sind. Es ist auch explizit gewünscht, Artenvielfalt bei den Insekten zu erhalten und vor allem Bienen eine Nahrungsbasis zu liefern. Es besteht daher kein Grund, hier tätig zu werden.

Um die Straße für eventuellen Lkw-Verkehr ungehindert passierbar zu machen, könnte man die unteren Astkränze entfernen (Hochastung), allerdings sollte das bereits in den frühen Wachstumsphasen geschehen. Wenn die Äste schon dicker als 10 cm sind (wie hier), erhöht das – wie auch bei Rückschnitten – die Anfälligkeit des Baums für Pilz- und Schädlingsbefall. Da die Bäume hier nur unwesentlich in den Straßenraum ragen und es sich praktisch um eine Anwohnerstraße handelt, in der es nur im Einzelfall Lkw-Verkehr geben dürfte, ist hier kein Eingriff nötig.

Tipp für die Bepflanzung unter dem Baum: An Stelle von Tonkügelchen (wie Im Breitenweg) lieber niedrige Sträucher oder Bodendecker verwenden, die für ein optimales Bodenklima sorgen.

Friedhof

Im Rahmen der Umgestaltung der Friedhöfe in den letzten Jahren wurden für viel Geld zahlreiche neue Bäume gepflanzt. Wir gestatteten uns einen kurzen Blick auf das Ergebnis und ließen uns von Herrn Weis die einzelnen Bäume und ihren Zustand erklären. Unser Experte betonte, dass die ersten 5 Jahre entscheidend sind, ob der Baum sich gut entwickelt oder nicht. Im Großen und Ganzen sah der Jungbestand gut aus.

Unter anderem wurde uns der Lederhülsenbaum vorgestellt. Der ursprünglich aus den USA stammende Baum erfeut sich in Deutschland wachsender Beliebtheit. Er ist nämlich ein sehr regenerationsfähiger Baum, dem weder Abgase, Streusalz, Frost, Hitze, Trockenheit Hagel oder Unwetter etwas anhaben können und der sich auch mit den trockensten und kargsten Böden begnügt. Zudem gilt er als ausgesprochene Bienenweide. Allerdings muss man bei seinem Stamm aufpassen: Am ganzen Stamm bilden sich Büschel von starken Dornen.

Zur Sprache kam auch, welche Möglichkeiten an Bewässerungssystemen es gibt, um den Bäumen über lange Trockenzeiten hinwegzuhelfen. Hier sahen wir beispielsweise einen befüllbaren Wassersack, der um den Stamm gewickelt war. Zum Teil werden auch Baumpatenschaften diskutiert.

Hof Mönchsbergschule

Auch der Pausenhof der Mönchsbergschule war uns ein Besuch wert, um zu erfahren, wie es den über 70 Jahre alten Platanen geht. Diese werden eigentlich bis zu 35 m hoch und könnten den Schulhof perfekt beschatten, wenn sie richtig gepflegt und sachgerecht geschnitten worden wären. Mögliche Fehler in der Vergangenheit rächen sich aber leider in der Gegenwart und sind nicht mehr gut zu machen.

Die Stileichen entlang der Schulstraße dagegen sehen gut aus und sind für diesen Standort optimal gewählt: Sie sind hoch- und schmalwüchsig und pflegeleicht.

Feuerwehr St. Leon

Die Hecken zwischen Parkplatz und Radweg sollen geschnitten werden. „Bei Hecken ist grundsätzlich ein fachgerechter regelmäßiger Rückschnitt sinnvoll“, so unser Experte. Wir haben an einigen Stellen Lücken ausgemacht, die durch zusätzliche Nachpflanzungen geschlossen werden sollten.

Parkplatz FC Rot

Auch hier ist ein fachgerechter Heckenschnitt unproblematisch und vertretbar. Der Baumbestand ist hier sehr gemischt, was gut ist. „Prinzipiell sollte 50% des Waldes Naturwald sein“, so Horst Weis. Die Natur findet selbst heraus, welche Arten am jeweiligen Standort am besten wachsen.“ Interessant war eine einsame Kiefer inmitten der Laubbäume. Hierzu erfuhren wir, dass es über 100 Kiefernarten in Deutschland gibt. Allerdings ist die häufigste Kiefernart – die Waldkiefer – inzwischen durch die trockenen Sommer bedroht, da sie dadurch anfällig für Pilzbefall geworden ist.

Lindenallee im Tränkweg (Petition Otto-Dix-Straße)

Den Abschluss unserer Exkursion bildete die Lindenallee, die Gegenstand der erwähnten Petition ist. Die Bäume sollen entfernt werden, da sie aufgrund von Größe, Laub und Absonderung von Honigtau eine erhebliche Beeinträchtigung für die angrenzenden Gärten darstelle.

Es handelt sich hier um Kaiserlinden, die bis 30 m hoch werden können und auf einem breiten Rasenstreifen entlang eines autoverkehrsfreien Rad- und Fußwegs stehen. Sie dienen als ausgesprochene „Bienenweide“, wenn auch mit dem – hier aber unkritischen – Nebeneffekt, dass auch Blattläuse sich hier gerne ansiedeln, die den bekannten Honigtau absondern.

Alle Bäume sind gesund und standfest. Der Abstand zur Gartengrenze ist ausreichend, auch wenn man sie zugegebe­nermaßen etwas mittiger auf dem Rasenstreifen hätte einpflanzen können. Erhebliche Beeinträchtigungen sind nicht erkennbar. Laub und Schatten gelten nicht als Beeinträchtigung, die eine Kürzung oder gar Fällung der Bäume rechtfertigt. Zudem waren die Bäume bereits vor Baubeginn der Häuser vorhanden und sind somit keine Überraschung für die Anwohner.

Auch von Kürzungen rät der Experte ab, da sie zum einen – wie bereits zu Anfang erwähnt – zu einer Schwächung der Bäume durch Anfälligkeit für Pilze und Käfer und zum anderen langfristig zu weiterem Austrieb und verstärktem Pflegebedarf führen würden. Hiermit würde nicht nur der Bestand gefährdet, sondern auch unnötige Folgekosten verursacht.

„Gerade in Zeiten von akuter Bedrohung vieler Bäume durch den bereits spürbaren Klimawandel sollte man über eine gesunde, gut gewachsene und standfeste Baumreihe froh sein und für dessen Erhaltung eintreten“, so eine Teilnehmerin.

Mit diesem Konsens schlossen wir die Exkursion und bedankten uns bei Horst Weis für diese außerordentlich informative Führung.

Norbert Knopf schloss mit der Hinweis, dass weitere 23 Bäume laut des vorgeschlagenen Pflegeprogramms entfernt werden sollen. „Auch wenn die Gründe für die Fällungen überwiegend berechtigt sind, fordern wir dennoch, eine gleichwertige Neupflanzung von Bäumen oder andere Pflanzungen an geeigneten Stellen, um den Grünanteil in der Gemeinde insgesamt zu erhalten oder besser noch zu erhöhen.“

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