Eine noch nicht ganz so weitverbreitete Methode, regenerative Energie möglichst verlustarm zu nutzen, konnte man am 22. Juli bei der Firma dekoGraphics aus St. Leon-Rot besichtigen: einen sogenannten Eisenergiespeicher. Hierzu hatten wir vom Ortsverband der Grünen eingeladen.
In seiner Begrüßung erzählte Andreas Frirdich, der Geschäftsführer der Firma dekoGraphics, dass er sich zwar von Anfang an CO2-neutrale Energie zunutze machen wollte, zumal bereits auf dem bereits bestehenden Produktionsgebäude die komplette Fläche mit PV-Modulen bestückt ist. Dass daraus nun aber ein komplett neues repräsentatives Gebäude in zweiter Reihe entstanden ist, das energetisch beinahe autark ist, hat sich erst entwickelt und war durchaus eine Herausforderung. Dass diese so erfolgreich gemeistert wurde, ist vor allem seinem Architekten und Bauleiter Thomas Schmitt zu verdanken, der nicht nur ein architektonisch beeindruckendes Gebäude realisiert hat, sondern sich von einem überzeugenden Vortrag über die Eisspeichertechnologie nicht nur inspirieren, sondern sie auch umsetzen ließ.
Die Begeisterung für diese Technologie konnte uns auch Heiko Lüdemann (Geschäftsführer der Viessmann Eis-Energiespeicher GmbH) vermitteln, der zusammen mit Reiner Schmalenberg dieses Projekt technisch begleitete. Mit einer Kombination aus Photovoltaikanlage, einem Luft-Energie-Absorber und einem 70.000 Liter großen Eispeicher kann man fast verlustfrei und autark nicht nur Energie zum Heizen im Winter, sondern auch zum Kühlen im Sommer erzeugen. Das System kombiniert vier Energiequellen, die uns quasi kostenlos zur Verfügung stehen: die Umgebungsluft, die solare Einstrahlung und die Temperatur im Erdreich sowie die Kristallisationsenergie. Damit lassen sich bis zu 85% CO2 einsparen. Man arbeitet aktuell daran, das Ganze noch ressourcenschonender zu gestalten, indem man Lösungen in Bezug auf Recycling-Beton und Cradle-to-cradle-Konzepte für die PE- und Aluminium-Rohre sucht.
Mit dem Eisspeicher ist es vor allem auch möglich, überschüssige Energie über einen längeren Zeitraum zu speichern und sich zu einem späteren Zeitpunkt zunutze zu machen. Als Anwendungsbeispiel nannte Lüdemann alle Gebäude, die sowohl Wärme als auch Klimatisierung benötigen, wie etwa Produktionsanlagen mit Bürogebäuden, Wohnanlagen, Krankenhäuser, Pflegeheime, Supermärkte. In der Eisspeicher-Welt vorstellbar ist auch die Bildung von Energie-Synergien zwischen verschiedenen Verbrauchern und „Erzeugern“ z.B. in Form von Nahwärmenetzen. Einsatzfelder wären z.B. Firmen mit großen Rechnerzentren (Abwärmenutzung).
Mit vielen Bildern gab Lüdemann uns eine Vorstellung davon, wie so ein Eisspeicher funktioniert und vor allem auch wie er von innen aussieht, da wir diesen im jetzt fertigen Stadium nur noch durch ein kleines „Guckloch“ an der Oberfläche besichtigen konnten. Durch eine besondere Wärmetauscher-Anordnung werden der Kristallisierungsprozess und die damit verbundene Ausdehnung so gesteuert, dass sich das Eis von unten nach oben bzw. von innen nach außen bildet und die Sprengkraft des Eises so unter Kontrolle ist. Jeder kennt ja, was normalerweise mit einer Bierflasche im Eisfach passiert.
Auch für Privatnutzer (Einfamilienhaus) ist das eine Option, allerdings schlagen hier Kosten von ca. 40.000 bis 50.000 Euro zu Buche. Ein weiterer Wehrmutstropfen: Für Bestandsimmobilien ist es nur eingeschränkt realisierbar. Bestehende Heizkörper könnte man zwar möglicherweise weiterhin einsetzen, aber die Kühlung kann man optimal nur über ein Fußbodenheizungs- oder Lüftungssystem nutzen.
Zu Wort kam auch MdL Norbert Knopf, der diese vorbildliche Initiative aus der Privatwirtschaft sehr lobte und es im gleichen Atemzug bedauerte, dass solche Konzepte im Bereich der öffentlichen Verwaltung noch viel zu selten als Vorbildprojekte in Angriff genommen werden. Er zeigte sich überzeugt, dass angesichts der aktuellen Energiekrise das Umdenken i.Sa. Energieunabhängigkeit sich noch schneller durchsetzt und mit der neuen Bundesregierung endlich bessere Voraussetzungen für regenerative und CO2-neutrale Energiekonzepte geschaffen werden.
Im Anschluss an die Vorträge konnte man das moderne Gebäude mit innovativer Innenausstattung und flexibler Büroeinrichtung anschauen (u.a. auch der neue „Thinktank“-Raum) sowie die Produktion, in welcher die Transferdrucke z.B. auch für bekannte deutsche und europäische Fußballvereine hergestellt werden.
Alle Besucher waren sichtlich beeindruckt sowohl vom neuen Gebäude als auch vom Innovationsgeist dieser Firma. Klar ist: Die Energiewende beginnt im Kopf; dann ist vieles machbar. In diesem Umfeld erscheint einem die Nutzung fossiler Energieträger plötzlich anachronistisch.
Hier der Link zur Präsentation von Lüdemann/Schmalenberg: https://de.slideshare.net/Eis-Energiespeicher/heiko-ldemann-der-eisenergiespeicher
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